Interview: Warum Zahnärzte einen Coach haben

 

Praxis im Wandel
Die Praxis auf der Couch: Warum Zahnärzte ein Coaching brauchen

Francesco Franco Tafuro weiß: Zahnärzte sind heute stark gefordert. Als studierter Betriebswirt mit dem Schwerpunkt Personalmanagement und Master Coach (Business & Sport) coacht und unterstützt er seit 25 Jahren u.a. Ärzte Zahnärzte unter anderem während der Gründungsphase und berät sie zur Praxisoptimierung. 2500 Praxen vertrauen ihm ihren Erfolg. Fast unbekannt ist, wie viele Sportler und Sportmannschaften er daneben auch vor und während Meisterschaften und Olympiaden begleitet und gecoacht hat. 

Herr Tafuro, was sind die schlimmsten Fehler in der Gründungsphase?

Zuerst einmal vorweg: Fehler gehören natürlich zur Selbstständigkeit dazu und am häufigsten passieren sie am Anfang. Manche sind einfach zu korrigieren, andere sind teuer. Ein falsches Finanzierungskonzept beispielsweise berücksichtigt die realistische Entwicklung der Praxis nicht und führt nach fünf bis acht Jahren zu Liquiditätsproblemen. Ein Übernahmevertrag sollte niemals von branchenfremden Anwälten verfasst werden und auch, wenn Miet- und Arbeitsverträge nicht geprüft werden, folgt die böse Überraschung leider oft. Außerdem braucht es ein Praxiskonzept, das eine Antwort darauf gibt, wie eine gesunde „Work-Life-Balance“ als Selbstständiger funktioniert. „Praxis erfolgreich, der Zahnarzt nahe dem Burn-Out“ – das ist leider zu oft das Ergebnis von fehlendem Coaching.

Das klingt nach ganz schön vielen Herausforderungen, vor denen Zahnärzte stehen.

Ja, aber alle lassen sich auf einen Punkt zusammenführen: Die größte Herausforderung für viele Zahnärzte ist, dass sie in der Praxis selbst der größte Umsatzträger und darüber hinaus auch noch Führungskraft sind. Das heißt, dass sie für die Behandlungen verantwortlich sind und gleichzeitig für die Stimmung der Mitarbeiter. Der Fokus reicht also vom entzündeten Wurzelkanal bis zum Management des Praxisteams. Und genau in diesem Spannungsfeld bieten wir unsere Unterstützung an.

Sie bringen den Zahnärzten also bei, Unternehmer zu sein?

Genau. Die Zahnärzte müssen Strukturen und Organisationen vorgeben und auch die Kommunikation muss ein Konzept haben – sowohl die zu den Mitarbeitern als auch zu den Patienten. Wir sind beispielsweise tätig im Unternehmercoaching und darüber hinaus im Unternehmenscoaching. Ein kleines Wortspiel, aber da steckt eine Menge dahinter, weil wir eben auch merken, dass wir den Mediziner an sich stärken müssen und verdeutlichen müssen, worauf er sich fokussieren muss. Oder eben auch nicht.

Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre sind für selbstständige Zahnärzte immer wichtiger. Wie vermitteln Sie Ihren Kunden dieses Wissen?

Das ist eine komplexe Frage, die je nach Zahnarzt ganz unterschiedlich ausfällt. Generell ist die Vermittlung von „Basics“ wichtig, wobei hier auch das von mir verfasste Buch „Unternehmen Zahnarztpraxis - Bausteine des Erfolgs“ sehr hilfreich ist. Passend dazu erschien bei der IFG IFG Online Fortbildung ein 7-teilige Praxiswebinar. Und daneben halte ich Seminare und Vorträge bei der hamburger Sparkasse (haspa) oder auch bei der Zahnärztekammer Hamburg genau für dieses Thema übrigens jährlich im September.

In der Beratung geht es dann um konkrete Unterstützung: die Erfassung des aktuellen Kostensatzes je Stunde, der benötigte Ziel-Umsatz je Stunde, der Mindestumsatz aus den Bereichen Prophylaxe, Labor und/oder von Angestellten Zahnärzten. Hilfreich ist dabei unser Benchmark, der konkret aufzeigt, wo sich die Praxis konkret je nach Größe und Lage insgesamt im Vergleich befindet.

Dann ist also Ihre Expertise gefragt?

Genau! Als Kenner der Branche sind wir dafür verantwortlich, um in der Praxis langfristig ein Konzept und eine Struktur zu implementieren und damit Sicherheit zu geben. Die Zielgruppe ist dabei sehr individuell. Zahnärzte wollen gerne unabhängig sein, allein Entscheidungen treffen und da hilft es, ihnen auch Alternativen zu präsentieren, die sich in der Praxis bewährt haben.

Wie gehen Sie in einem Coaching genau vor?

Die erste Phase ist die Analysephase. Hier erfassen wir alle möglichen Daten: das Umfeld, die Praxis, die Menschen mit ihren Zielen und ihrer Philosophie. Wir fragen, wo jemand überhaupt hinmöchte, welche Ressourcen er dafür hat, wie viele Mitarbeiter und Patienten es gibt.

Anschließend setzen wir uns zusammen und erarbeiten gemeinsam einen Fahrplan. Während der Umsatzung sind wir vor Ort in den Praxen oder kommunizieren per Telefon, Facetime oder Skype. Wir begleiten den Zahnarzt bei allen Fragen und wichtigen Entscheidungen.

Ich finde es wichtig, dass Praxiscoaching auch ganz konkret in den Praxisalltag integriert werden kann. Aus meiner Sicht hängt ein gutes Coaching auch davon ab, inwiefern der Berater bereit ist, sich an die Erfordernisse anzupassen.

Und wie lange dauert so ein Coaching und wie regelmäßig findet es statt?

Das ist ganz unterschiedlich. Bei unserem längsten Coaching hat die Zusammenarbeit 1998 begonnen. Momentan begleiten wir den Kollegen gerade in seiner Praxisabgabe. Wir haben viele langjährige Beratungen, aber das ist trotzdem eine Ausnahme. Der Kontakt findet dann einmal im Quartal oder im halben Jahr statt.

Häufig haben wir aber auch Projekte, begleiten beispielsweise einen Umzug oder den Ausbau eines Schichtsystems. Ein Anfangscoaching dauert bei uns sechs bis acht Monate.

Vielen Dank für das Gespräch.

Birte Schmidt
Journalistin | Bloggerin

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